Arbeitsunfähigkeit eines freigestellten Betriebsratsmitglieds bedeutet Amtsunfähigkeit

Regelmäßig taucht die Frage auf, ob ein krankheitsbedingt arbeitsunfähiges Betriebsratsmitglied während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit trotzdem sein Betriebsratsamt ausüben darf.

 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dies nunmehr für ein vollständig freigestelltes Betriebsratsmitglied gemäß § 38 Abs. 1 BetrVG eindeutig entschieden: Ein vollständig freigestelltes Betriebsratsmitglied ist im Falle einer attestierten Arbeitsunfähigkeit immer auch amtsunfähig und darf daher sein Betriebsratsamt in dieser Zeit nicht ausüben (BAG, Beschluss vom 28.07.2020 - 1 ABR 5/19).

 

Das BAG begründet seine Entscheidung wie folgt:

 

Die nach § 38 Abs. 1 BetrVG vollständig freigestellten Betriebsratsmitglieder sind bekanntlich von ihrer Pflicht zur vertraglichen Arbeitsleistung befreit. Bei ihnen tritt an die Stelle der Arbeitspflicht die Verpflichtung, während der arbeitsvertraglichen Arbeitszeit im Betrieb anwesend zu sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereitzuhalten.

  

Infolgedessen beurteile sich nach Auffassung des BAG bei einem vollständig freigestellten Betriebsratsmitglied die Arbeitsunfähigkeit nach der von ihm auszuübenden Betriebsratstätigkeit. Werde einem solchen Betriebsratsmitglied von einem Arzt Arbeitsunfähigkeit attestiert, so bedeute dies, dass das Betriebsratsmitglied krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, sein Betriebsratsamt auszuüben. Nach Auffassung des BAG ist es dabei unerheblich, dass es sich bei der Erfüllung von Betriebsratsaufgaben um die Wahrnehmung eines Ehrenamts handelt (§ 37 Abs. 1 BetrVG).

  

Bedeutung für die Praxis:

  

Das vollständig freigestellte Betriebsratsmitglied darf im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit keine Amtshandlungen für den Betriebsrat wahrnehmen. Dennoch vorgenommene Handlungen sind unwirksam.

 

Das BAG weist in der Entscheidung darauf hin, dass es bei nicht vollständig freigestellten Betriebsratsmitgliedern Fälle geben könne, in denen die Erkrankung den Arbeitnehmer zwar außerstande setze, seine Arbeitspflichten zu erfüllen, nicht aber sein Betriebsratsamt wahrzunehmen. Schulbeispiel hierfür ist ein Betriebsratsmitglied aus der Produktion, dass zwar auf Grund eines gebrochenen Armes keine Maschine bedienen, durchaus aber an der Betriebsratssitzung teilnehmen kann.

 

BAG, Beschluss vom 28.07.2020, Az. 1 ABR 5/19

 

Mehr zu diesem Thema?

Sprechen Sie uns gerne an.