Fristlose Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen eines BR-Mitglieds

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat in seiner Entscheidung vom 18.08.2021 (Az. 3 Sa 6/21) entschieden, dass eine personenbedingte Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen eines Ersatzmitgliedes des Betriebsrates zwar grundsätzlich möglich ist und insbesondere häufige Kurzerkrankungen einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung darstellen können. Gleichzeitig macht das Gericht deutlich, dass die Anforderungen an die Wirksamkeit einer solchen Kündigung jedoch nur im Ausnahmefall erfüllt sind.

Der Sachverhalt:

Der Arbeitgeber hatte gegenüber einem Ersatzmitglied des Betriebsrates, welches kurz vor Zugang der Kündigung noch an einer Betriebsratssitzung teilgenommen hatte und daher den Sonderkündigungsschutz gemäß § 15 Absatz 1 Satz 2 Kündigungsschutzgesetz genoss, eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist aufgrund besonders häufiger, über Jahre andauernder Kurzerkrankungen ausgesprochen.

Aufgrund des Sonderkündigungsschutzes war der Arbeitnehmer ordentlich unkündbar, sodass der Arbeitgeber den Weg der außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist wählte. Eine solche ist gemäß der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes stets dann möglich, wenn eine ordentliche Kündigung tariflich oder gesetzlich ausgeschlossen ist, dem Arbeitgeber jedoch ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis nicht zugemutet werden kann. Die Länge der Kündigungsfrist entspricht dabei derjenigen, welche dem Arbeitnehmer im Falle der ordentlichen Kündigung zugestanden hätte.

Der Arbeitgeber begründete die von ihm ausgesprochene fristlose Kündigung mit für ihn unzumutbar hohen Entgeltfortzahlungskosten sowie einer aufgrund der häufigen Kurzerkrankungen negativen Gesundheitsprognose und angeblich damit verbundener Betriebsablaufstörungen.

Die Entscheidung des Gerichtes:

Das Gericht sah einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung nicht gegeben. Es betonte ausdrücklich, dass häufige Kurzerkrankungen nur ausnahmsweise einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 BGB darstellen könnten. Allein die Tatsache, dass ein Beschäftigter aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Nachtschicht eingesetzt werden könne und hierdurch Störrungen des Betriebsablaufes verursacht würden, rechtfertige keine außerordentliche Kündigung. Es sei zudem nicht ausreichend, wenn ein Beschäftigter über mehrere Jahre nur etwa 2/3 der Arbeitszeit einsatzfähig sei und ca. 1/3 Fehlzeiten habe, um den hohen Anforderungen Rechnung zu tragen, die an eine außerordentliche Kündigung zu stellen sind.

Bezugnehmend auf die von dem Bundesarbeitsgericht aufgestellte Rechtsprechung, wonach eine krankheitsbedingte Kündigung ein gravierendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne eines sogenannten „sinnentleerten“ Arbeitsverhältnisses voraussetze, sind im Bereich der außerordentlichen Kündigung aufgrund eines Sonderkündigungsschutzes höhere Anforderungen als an eine ordentliche krankheitsbedingte Kündigung zu stellen.

Bedeutung für die Praxis:

Die Entscheidung bestätigt erneut den wichtigen Sonderkündigungsschutz für Mandatsträger, welcher auch im Falle einer - grundsätzlich möglichen -außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist aufgrund häufiger Kurzerkrankungen deutlich höhere Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer solchen Kündigung aufstellt, als dies im Rahmen einer ordentlichen Kündigung der Fall wäre.

 

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