Nachgewährung des Urlaubs bei Corona-Quarantäne

Seit Beginn der Corona-Pandemie kommt es immer wieder zu Situationen, in denen Urlaubszeiten mit einer Quarantäne-Anordnung zusammen fallen. Dabei stellt sich die Frage, ob der Urlaubsanspruch trotz der Quarantäne verbraucht wird. Sofern der Arbeitnehmer während der Quarantäne arbeitsunfähig erkrankt ist und dies durch eine entsprechende ärztliche Bescheinigung belegen kann, werden die Urlaubstage gemäß § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Vielmehr müssen diese Urlaubstage dem Arbeitnehmer zurück gewährt werden.

Nicht gesetzlich geregelt ist hingegen der Fall, was mit dem Urlaubsanspruch bei zeitgleicher Quarantäne passiert, sofern der Arbeitnehmer währenddessen nicht arbeitsunfähig erkrankt ist.  

Diesen Fall haben die Instanzengerichte bislang unterschiedlich beurteilt. Kürzlich hat das LAG Hamm mit Urteil vom 27.01.2022 (Az.: 5 Sa 1030/21) auch für diesen Fall eine Gutschrift der Urlaubstage angenommen.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall erhielt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs im Jahr 2020 eine behördliche Quarantäne-Anordnung, da er zuvor in Kontakt mit einem bestätigten Covid-19-Fall gekommen war. Trotz der Quarantäneanordnung wurde das Zeitkonto des Arbeitnehmers mit acht Urlaubstagen belastet. Mit seiner Klage begehrte der Arbeitnehmer die von der Quarantäne betroffenen Urlaubstage wieder gutgeschrieben zu bekommen. Er argumentierte, dass der Sachverhalt mit demjenigen einer Erkrankung während des Urlaubs vergleichbar sei, bei welcher der Urlaubsanspruch ebenso gemäß § 9 BUrlG nicht erlöschen würde.

Nachdem das Arbeitsgericht die Klage zunächst noch abgewiesen hatte, folgte das LAG Hamm der Auffassung des Klägers. Es führte aus, dass § 9 BUrlG analog (=entsprechend) auf den Fall anzuwenden sei, da eine Vergleichbarkeit mit der Situation eines arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers gegeben sei. Aus der Rechtsprechung des EuGH gehe hervor, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub dem Arbeitnehmer ermöglichen solle, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Zwar schulde der Arbeitgeber keinen „Urlaubserfolg“, der Arbeitnehmer solle jedoch gemäß § 1 BUrlG von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt werden, um uneingeschränkt die Möglichkeit zur selbstbestimmten Gestaltung seiner Freizeit zu erhalten. Genau dies werde durch Quarantäne-Bestimmungen jedoch verhindert, da sie bestimmen, wo sich eine Person aufzuhalten habe, mit wem sie Kontakt haben dürfe und ob sie sich gegebenenfalls Untersuchungen unterziehen müsse (äußerliche Untersuchungen, Abstriche von Haut und Schleimhäuten), mit der Folge, dass sie für diese Untersuchungen auch zur Verfügung stehen müsse. Auch sei dieser Zeitraum mit der Belastung verbunden, jederzeit selbst einen schweren Ausbruch der Erkrankung zu erfahren.

Folgen für die Praxis:

Die Frage, ob Urlaubszeiten bei Zusammenfallen mit einer behördlich angeordneten Quarantäne, aber ohne Erkrankung des Arbeitnehmers, nachzugewähren sind, wird von der Rechtsprechung bislang uneinheitlich beantwortet. So sprachen sich jüngst das LAG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 15.02.2022 (Az.: 1 Sa 208/21), das LAG Köln mit Urteil vom 13.12.2021 (Az.: 2 Sa 488/21) sowie das LAG Düsseldorf mit Urteil vom 15.10.2021 (Az.: 7 Sa 857/21) gegen eine analoge Anwendung von § 9 BurlG und damit gegen die Nachgewährung aus. Dieser Zustand der Rechtsunsicherheit ist für zahlreiche betroffene Arbeitgeber derzeit sehr unbefriedigend. Das LAG Hamm hat im hiesigen Verfahren aufgrund der abweichenden Rechtsprechung zu anderen Instanzengerichten die Revision beim BAG zugelassen, welche auch bereits von Arbeitgeberseite eingelegt wurde. Die Entscheidung des BAG kann mit Spannung erwartet werden und wird dann hoffentlich für die betroffenen Arbeitgeber Rechtsklarheit bringen.  

 

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